Nachtrag zum Artikel «Zur Aktualität von Paulo Freire» (Falken Info 33)

Da sich seit dem Erscheinen des Artikels zur Aktualität der Theorie Paulo Freires neuere Entwicklungen ereigneten, reichen wir diese hier als Blog-Beitrag nach.

Der brasilianische Bildungsminister Abraham Weintraub räumte am 18. Juni seinen Posten. Wie er in einem Video auf seinem Twitter-Account im Beisein vom geknickten Jair Bolsonaro erklärte, habe er eine Einladung für eine Stelle bei der Weltbank in Washington erhalten; Weintraub wurde inzwischen dort zum Exekutivdirektor für eine Ländergruppe ernannt, die von Brasilien präsidiert wird.

Bereits am folgenden Tag flog Weintraub eiligst nach Washington und schüttete zuvor vor den Fernseh-Kameras sein Herz aus: Er wolle Brasilien so rasch als möglich verlassen, um zu verhindern, dass er im Gefängnis lande. Seine Sorge darüber war wohl begründet: einige Tage vor seinem Rücktritt lehnte es das oberste Gericht Brasiliens ab, Weintraub aus Ermittlungen gegen das mutmassliche Fake-News-Netzwerk aus Bolsonaros Umfeld auszunehmen. Andersdenkende und dem Präsidenten nicht Wohlgesinnte sollten dabei in ihrem Ruf beschädigt werden, so zum Beispiel Mitglieder des Parlaments oder Richter. Weintraub selbst war sich nicht zu schade, bei den Schmutzkampagnen mitzumischen: So forderte er, die «Vagabunden» des obersten Gerichts gehörten eingesperrt und Hausdurchsuchungen der Bundespolizei im Rahmen der Ermittlungen zum Fake-News-Netzwerk bezeichnete er als «brasilianische Kristallnacht».

Weintraub selbst scheint es sich in seiner neuen Heimat gut gehen zu lassen. Mit seinem Diplomatenpass konnte er die Einreisesperre für Reisende aus Brasilien in die USA umgehen und auch eine lästige zweiwöchige Quarantäne blieb ihm erspart. Inzwischen meldete er sich wieder auf seinem Twitter-Account und bedankte sich nach dem Verzehr von Kentucky Fried Chicken bei den «Dutzenden Menschen», die ihm bei der Flucht in die USA halfen oder für ihn beteten.

Felix